Sonntag, 2. November 2008

UniversitÖten

Nie wurde einem das Studieren leichter gemacht. Die Bologna Reform lässt die Universitäten zur marktorientierten Superinstitution mutieren. Für die Studierenden heisst das Effizienz...Dh im Klartext, nur die Vorlesung besuchen, über die wir einen Essay oder ein Protokoll abgeben müssen. Die Kontrolle dieser studentischen Arbeitchen verläuft ganz nach dem Schema Panopticon. Ich weiss nicht, ob und wer 400 Essays liest, aber es könnte sein DASS...also schreiben wir sie. Reproduzieren das Palaver der Profs und klatschen am Ende noch einen MeineEigeneMeinungAbschnitt rein. Eigenes Denken ist nur in gewissen Abschnitten erlaubt. Reproduktion oder Zitieren ist gefragt. Sie reden über Diskursmächte und Krisenexperimente. Aber so experimentierfreudig sind sie dann doch nicht, wenn mensch Normen zu brechen versucht. Dann gibts nämlich FAIL. Die Unis sind totale Institutionen mit einer klaren, geregelten Sprache, aus der mesch, wie aus einem Gefängnis, nicht ausbrechen kann. Sie geben sich offen und integrativ, keine Repression. Alles ist erlaubt: Innerhalb der Diskurszäune. Gleichzeitig Foucault lehren, über Disziplinierungsprozesse referieren und uns genau dadurch disziplinieren, ich könnte kotzen. Die konsequente Anwendung Michel Foucaults Theorien wäre die totale Revolution, die in Anarchie mündet. Selbst Foucault selbst konnte sein revolutionäres Potential nur durch dieselbe Einbindung in eine Institution, der Universität, verlieren. Sofern Foucault überhaupt einen Ausweg gesehen hat. Etwas Vordiskursives gibt es nicht. Unsere Unis funktionieren nach dem Markt. Neoliberalismus. Kreditpunkte sammeln, sexy aussehen und sich nach oben punkten. Qualifiziert hin oder her. Der Style muss stimmen. Geschlechterspezifisch natürlich. Ich würde lieber Gedichte schreiben oder malen, anstatt ein Protokoll zu schreiben, das kein Mensch je lesen wird. Denn Gedichte und Bilder sind mehr Ausdruck meines eigenen Denkens und meiner Verarbeitung, als eine Rezitierung meines Profs. Wen interessiert das schon? Kann nicht davon ausgegangen werden, dass ich verstehe, was die Profs sagen? Ich meine, wir haben alls 12 Jahre Bildung hinter uns. Mal abgesehen davon, dass die Schulen auch Disziplinierungsinstitutionen sind. Ein Kollege hat sich nicht rechtzeitig in die Teilnehmerliste eingetragen und muss nun um seine Kreditpunkte des ganzen Semesters bangen. Er ist gerade aus einer anderen totalen Institution, dem Militärdienst, nach Hause zurück gekehrt und hat jetzt ein Sturmgewehr. Es dürfte also ein Leichtes sein, ins Sekretariat zu marschieren und mit gezogener Waffe 100 Kredipunkte zu fordern. Wenn schon, denn schon. Wenn der Kapitalismus untergeht, dann mit ihm unser Wissenschaftssystem und somit die Universitäten. Dann beginnt das grosse UniversiTÖTEN.



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